Monte Rosa Hütte
Standort

Zermatt, Schweiz

Jahr

2009

Gebäudetyp

Hotels&Restaurants

Architekt

Andrea Deplazes/ETH Zürich - Wolfgang-Pauli-Str. 15 - 8093 - Zürich-Höngerberg - Switzerland

Kunde

FUXVISP AG - Paulusheimstrasse 4 - 3030 - Visp - Switzerland

Verwendete Systeme

Façades WICTEC

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Projektdetails

Bergkristall im Aluminium-Look


Die neue Monte Rosa Hütte gehört zu jenen Bauwerken, die schon lange vor ihrer Fertigstellung für Schlagzeilen gesorgt haben und auch jetzt und in Zukunft noch eine breite öffentliche Aufmerksamkeit erzielen. Zu Recht: An exponierter Lage auf 2883 m ü. Meer, inmitten einer unberührten und spektakulären Landschaft, eingebettet zwischen Gorner-, Grenz- und Monte Rosa-Gletscher wurde ein Meilenstein für das hochalpine Bauen gesetzt.

Die neue Monte Rosa Hütte, ein Gemeinschaftsprojekt von ETH Zürich, SAC, Hochschule Luzern Technik & Architektur und EMPA, ist ein Bauprojekt mit ausgezeichneter Architektur und Vorbildcharakter im Bereich Energie- und Ressourceneffizienz. An der Berghütte ließen sich wegweisende Technologien in Entwurf, Berechnung und Fertigung von Bauteilen exemplarisch darstellen, mit dem Ziel, hervorragende und innovative Architektur zu realisieren. Das Konzept der neuen Monte Rosa Hütte wurde gemeinsam von der ETH Zürich und dem Schweizer Alpen-Club SAC entwickelt. Das 6.5 Millionen Franken teure Bauwerk wurde durch zahlreiche Sponsorfirmen mitfinanziert.

Neue Standards für hochalpine Lagen


Die Idee war, die alte und sanierungsbedürftige Monte Rosa-Hütte durch einen Neubau zu ersetzen. Herausragende Architektur, modernste Technik und Nachhaltigkeit gehörten zur Zielsetzung ebenso wie die Möglichkeit, den Neubau weiter als Forschungsprojekt nutzen zu können. Die Initiatoren nennen das Projekt einen "Leuchtturm inmitten einer unvergleichlichen Bergwelt" und die "Definition eines neuen Standards für den hochalpinen Tourismus". In der Tat, es ist ein außergewöhnliches Erlebnis für alle Besucher. Die Hütte bietet in den Monaten März bis September für 120 Gäste eine Schlafgelegenheit und ebenso viele Plätze im Restaurant.

Herausragende Architektur


Die Grundkonstruktion des Gebäudes und seine Hülle beschreibt Professor Andrea Deplazes vom Institut für Architektur und Konstruktion an der ETH Zürich: "Die Tragstruktur basiert auf einem fünfgeschossigen, segmentförmig aufgebauten Holzrahmenwerk. Der computergestützte, maschinelle Fertigungsprozess ermöglichte dabei beispielsweise, traditionelle Konstruktionsweisen wie den Fachwerkbau mit seinen geometrisch komplexen Holzverbindungen wieder aufzugreifen und umzusetzen. Das Konzept der hoch gedämmten Fassade entspringt einer Mischung aus Energiespar- und Energiegewinnstrategie. Die facettenartige, metallische Hülle wird auf der Südfassade mit schillernden Photovoltaikpaneelen besetzt, die das Gebäude aktiv mit der notwendigen Betriebsenergie (Strom) versorgen. Um das ganze Gebäude herum windet sich ein spiralförmiges Lichtband. Es folgt der Sonne, sodass im Essraum und im Raum der peripher ansteigenden Kaskadentreppe passiv einstrahlende Sonnenwärme anfällt, die im Gebäude mittels Ersatzluftanlage verteilt werden kann".

Intelligente Systeme für weitgehende Energieatarkie


Aufgrund der exponierten Lage im Hochgebirge, abgeschnitten von jeglicher Infrastruktur war es von Anfang an das planerische Ziel, dass die Hütte weitestgehend energieautark zu betreiben sein muss. Die Integration von Photovoltaik in die Fassade und zusätzliche thermische Kollektoren gehörten deshalb genauso zu den Anforderungen wie eine biologische Abwasserreinigungsanlage.

Urs-Peter Menti von der am Projekt beteiligten Hochschule Luzern erklärt zum Energie- und Gebäudetechnikkonzept: "Der bei der neuen Monte Rosa Hütte konsequent verfolgte Ansatz einer gesamtheitlichen Betrachtungsweise macht diese Hütte zum Vorzeigeobjekt. Von der guten Gebäudehülle über effiziente Geräte und Anlagen bis zur Verknüpfung aller Komponenten mittels eines intelligenten Energiemanagements müssen alle Elemente einen Beitrag leisten, damit das ambitiöse Ziel von 90% Energieautarkie erreicht werden kann."

Die Fertigstellung und Eröffnung der Monte Rosa Hütte im Herbst 2009 bildet nur eine weitere Etappe im Lebensweg dieses Projektes. Das Bauwerk wird auch zukünftig ein Forschungsobjekt der ETH Zürich sein, Schwerpunkt dieser Aktivität ist das eigens entwickelte, computergesteuerte Energiemanagementsystem. Relevante Daten wie etwa die der Besucherprognose für die jeweils nächsten Tage, der Ladestand der Batterien und des Warmwassertanks, das Niveau des Abwassertanks und die meteologischen Daten werden von der Hütte aus an einen Rechner in der ETH Zürich übermittelt. Dabei werden alle Messdaten und Informationen in die Algorithmen des vorausschauenden Energiemanagements einbezogen. Basierend auf diesen Daten berechnet der Computer das Energiemanagement in der Weise, dass ein möglichst hoher Energieautarkiegrad resultiert.

Oberhalb der Hütte wurde eine 200 m3 grosse Kaverne in den Fels geschlagen, in der während der Sommermonate Schmelzwasser gesammelt wird. Die Kaverne liegt rund 40 m höher als die Hütte, was für einen genügenden Wasserdruck sorgt. Der jährliche Wasserverbrauch wird auf ca. 120 m3 geschätzt. Das ganzjährlich aus der Kaverne verfügbare Frischwasser dient zum Kochen, Waschen, Putzen und für die Körperhygiene der Gäste und des Personals. Das Abwasser wird in der hütteninternen biologischen Abwasser-Aufbereitungsanlage gereinigt und als Grauwasser bei der WC-Spülung wiederverwendet oder gereinigt an die Umgebung abgegeben.

Energie und Wärme von der Sonne


Rund 84 m² misst die in die Südfassade des Gebäudes integrierte Photovoltaikanlage. Der damit erzeugte Strom wird in Batterien gespeichert und für die Beleuchtung, Kochen und Betrieb der Abwasseranlage eingesetzt. Auf der Südwestseite unterhalb des Gebäudes wurden 56 m² thermische Solarkollektor an die Felswand montiert. Für die Warmwasser-Bereitung mittels Solartechnik werden spezielle Doppelglas-Kollektoren verwendet, die den extremen hochalpinen Witterungsbedingungen Stand halten. Die Entscheidung, die thermischen Solarkollektoren unterhalb der Hütte direkt an der Felswand zu befestigen, bedeutet enorme Schnee- und Windbelastungen für Rahmen und Rückwand des Kollektors. Herkömmliche Solarkollektoren sind diesen Belastungen nicht gewachsen. Eine massive Aluminiumkonstruktion für Rahmen und Rückwand sowie stärkere Gläser machten den Kollektor alpintauglich. Der eingesetzte Hochleistungs-Flachkollektor vermindert mit seinem Antireflex-Doppelglas den frontseitigen Wärmeverlust. Das so erzeugte Warmwasser gelangt direkt in den Warmwasserspeicher. Aus Sicherheitsgründen und für Perioden, in denen die Energiegewinnung nicht ausreicht, steht ein Blockheizkraftwerk zur Verfügung, welches mit Rapsöl betrieben sowohl Strom als auch Warmwasser erzeugen kann.

Die Integration des Umweltgedankens in die ganzheitliche Gebäudekonzeption mit Haustechnik und Energieversorgung betont auch Matthias Sulzer (Lauber IWISA AG) als Mitglied des Generalplanerteams der neuen Monte Rosa Hütte: "Bauen in einem sensiblen Ökosystem, wie hier im alpinen Raum, heißt Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen, indem natürliche Kreisläufe nicht unterbrochen werden. Die neue Monte Rosa Hütte nutzt das Schmelzwasser, führt aber das daraus anfallende Abwasser wieder gereinigt der Natur zurück. Die Energie für den Betrieb bezieht die Hütte vornehmlich aus den Sonnenstrahlen, ohne dabei die Umwelt mit Abgasen zu belasten. Wenn wir erkennen, dass nicht nur der alpine Raum fragil ist, sondern jeder Fleck auf dieser Erde, fragen wir uns, wieso nicht alle Gebäude nach diesem Prinzip gebaut werden?"
Für die eingesetzte Technik heißt das konkret: Die Lüftungsanlage zieht die verbrauchte Luft direkt aus den Schlafräumen. Über die Wärmerückgewinnung wird mit der Abluftwärme die Zuluft temperiert und durch Zuführen von Warmwasser aus dem Wärmespeicher die Zuluft- Temperatur auf das gewünschte Niveau erhöht. Das Warmwasser dient zusätzlich zum Kochen und Waschen und - falls überschüssige Warmwasserenergie vorhanden ist - für die vier Warmwasserduschen im Gästebereich.

Ökologische Vorteile dank Aluminiumverkleidung


So charakteristisch für das Interieur der Monte Rosa Hütte ihre massive Holzkonstruktion ist, so signifikant ist dies für die Außenseite die vollflächige Verkleidung aus rohen Aluminiumblechen, welche als Blechfalzdach auf die äußere hinterlüftete Holzschale aufgebracht wurde. Der Werkstoff Aluminium bietet aus ökologischer Sicht viele Vorteile. So ist Aluminium wartungsfrei, verfügt über eine sehr lange Lebensdauer, ist wertbeständig und widerstandsfähig, trotzt hoher Beanspruchung und ist 100% rezyclierbar.

Lichtband mit komplexer Geometrie


Aufgelockert wird die Aluminiumhülle der Monte Rosa Hütte durch das wie eine Perlenkette um das Gebäude anliegende Lichtband. Es dient nicht nur als Lichtspender für den Treppenaufgang und die dahinter liegenden Räume, sondern bietet auch einen fantastischen Panorama Ausblick auf die umliegenden Gletscher und imposanten Viertausender wie Matterhorn, Breithorn, Pollux, Castor und Liskamm.

Die komplexe Geometrie des "Bergkristalls" in 11 Facetten und 8 unterschiedlichen Neigungen stellte für die Konstruktion des Lichtbandes eine sehr große Herausforderung dar. Als Grundlage für die Planung konnte ein CAD 3D-Modell der ETH herangezogen werden. Die knifflige Aufgabe lag in der Bereitstellung der Daten für das Profilbearbeitungscenter und für die Massfestlegung der Isoliergläser. Da effektives Bauen nur in den Sommermonaten möglich war, konzentrierte sich die Montage der Fensterband-Elemente und der Gläser auf die wenigen Wochen vor der Eröffnung im September 2009.

Die Aluminium-Konstruktion des Lichtbandes erwies sich besonders um den jeweiligen 3-D Eckpfosten als höchst anspruchsvoll. Das Gebäude weist außer der rechteckigen Photovoltaik-Fassade keine weiteren rechtwinkligen Eckpunkte auf. Die Elemente folgen den verschieden Facetten, welche zueinander unterschiedliche Neigungen und beliebige Eckwinkel aufweisen. Zusätzlich windet sich das Lichtband um das Gebäude kontinuierlich in die Höhe. Es handelt sich um eine Struktur, welche höchste Anforderungen an das Konstruieren und Verarbeiten des Lichtbandes stellte.

Höchste Fertigungspräzision von der Werkstatt bis auf den Berg


Dies wird deutlich anhand der Beschreibung von Toni Fux, Inhaber von FUX VISP, dem ausführenden Metallbauunternehmen: "Man denkt sich: ein Fensterband in Pfosten-Riegelkonstruktion, nichts Einfacheres als das! Man zeichnet ein paar Schnitte, gibt die Masse in ein AVOR-Programm des Systemherstellers ein, produziert, montiert und fertig. Bleibt nur noch die Rechnung und das Warten auf den Zahlungseingang."
Dieser Auftrag war jedoch um einiges komplexer. Fux: "Es ist mir oft vorgekommen als ob wir einen Jumbo durch dichten Nebel auf eine Landebahn zu steuern hätten. Mit dem Unterschied, dass der Pilot weiss, dass seine Instrumente funktionieren, weil tausendmal erprobt. Wir haben bis zum letzen Moment nicht gewusst, ob das, was wir fabrizieren, auch tatsächlich exakt passen würde. Man hat auf einem abgelegen Berg ein Bauwerk in der verrücktesten Form und in der Werkstatt ein paar hundert Profile mit den verrücktesten Schnitten. Aus diesen Profilen sollen Fenster entstehen, die schlussendlich auf der Baustelle in dieses komplizierte Bauwerk passen sollen. Man kennt keine Masse für die Fenster, muss aber Glas für zigtausend Franken bestellen. Dank dem ausgezeichneten 3D AVOR Programm von WICONA wurde aber das schier Unmögliche dennoch fehlerfrei möglich. Extrem nervenaufreibend war nur, die Abstimmung zwischen den einzelnen Komponenten Bearbeitungszentrum-Schnittestelle-AVOR hinzubekommen. Die Schnitte, Fräsungen, Bohrungen, Gehrungen waren überall, nur nicht auf dem Profil. Schlussendlich: Ende gut, alles gut. Jedes Profil, jedes Fensterelement und jede Scheibe haben genau gepasst, dank einem großen persönlichen Einsatz der Handwerker, Monteure und Techniker auf allen Stufen."
Diese Präzision war auch notwendig, denn die Überprüfung konnte erst direkt auf der Baustelle auf 3000 m Höhe erfolgen. Fehler waren also schlicht verboten!

Das Fassadensystem


Für das Lichtband wurde die hoch wärmegedämmte Pfostenriegelkonstruktion WICTEC 50 HI mit Silverstar 3-fach Wärmeschutzglas mit Ug = 0.67 W/m2K eingesetzt. Teile des Lichtbandes im Bereich der Küche mussten in der Brandschutzklasse EI 30 ausgebildet sein. Zu diesem Zweck wurde erstmals Wärmeschutzglas Fireswiss 3-fach-ISO mit dem System WICTEC 50 FP brandschutzgeprüft. Die Brandschutztüren mit Aluminiumbeplankung wurden in der Serie WICSTYLE 77 FP EI 30 ausgeführt. Aus lüftungstechnischen Gründen wurden im Lichtband verschiedene Lüftungsfenster des System WICLINE 77 HI Minergie eingesetzt. Die neue Monte Rosa Hütte insgesamt ist mittlerweile provisorisch nach Minergie-P zertifiziert (VS-013-P).

Der Weg zur Hütte


Ein Besuch der neuen Monte Rosa Hütte lohnt sich. In der Zeit zwischen März und September werden Wanderer wie Bergsteiger willkommen geheißen. Die neue Monte Rosa Hütte erreicht man von Zermatt aus über die Gornergrad-Bahn, spätestes Aussteigen bei der Haltestelle Rotenboden auf 2815.
Die Wanderzeit beträgt ca. 2-3 Stunden. Der Wanderweg führt für etwa 45 Minuten entlang der Südwestflanke des Gornergrad. Nach einem Abstieg überquert man dann den Gornergletscher und es folgt der Aufstieg zur neuen Monte Rosa Hütte.

 

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